StadtKlang Meldorf

Projekt der Medienpädagogik, Klangkunst und Inklusion

 

K9 Koordination für regionale Kultur e.V.: Ingrid Ebinal + Thomas Engel

in Kooperation mit:

Gemeinschaftsschule Meldorf

Schülerinnen und Schüler der Klasse 9a

Pädagogische Leitung: Thomas Themsfeldt

Offener Kanal Westküste:  Andreas Guballa

KlangKunst: Clemens Endreß

Blinden- und Sehbehinderten Verein SH e.V.: Karl-Friedrich "Kalle" Steltmann

Beratung Inklusion: Dietrich Haeberlein, Beauftragter für Menschen mit Behinderung

Schirmherrschaft

Anke Cornelius-Heide, Bürgermeisterin Stadt Meldorf

Grußwort

 

Wir leben in einer eng getakteten, schnelllebigen Zeit, die auf Kopfarbeit ausgerichtet ist. Die achtsame Wahrnehmung des eigenen Körpers und der Umgebung mit allen Sinnen kommt viel zu kurz. Deshalb ist das Projekt StadtKlang Meldorf, das junge Menschen ermuntert, zu lauschen, die Klänge und Geräusche unserer Stadt aufzunehmen, sinnvoller denn je. Dass überdies die Schüler und Schülerinnen der Gemeinschaftsschule an die Lebenswelt von blinden Menschen herangeführt werden, ist wichtig in einer Stadt, die sich wie Meldorf um Inklusion bemüht.

 

Gerne übernehme ich die Schirmherrschaft für dieses wegweisende Projekt und bin sehr gespannt auf die Erfahrungen, die alle Mitwirkenden sammeln werden.

 

Anke Cornelius-Heide

Wir freuen uns auf Meldorf

Die StadtKlänge sind ein echtes Gemeinschaftsprojekt mit sehenden und blinden Menschen. Zusammen erkunden wir unsere Stadt mal ganz anders - mit den Ohren nämlich. Und die hören zuweilen ganz unterschiedlich. Das Hören kann sogar das Sehen ersetzen. Bei blinden oder sehbeeinträchtigten Menschen wird oftmals viel intensiver und genauer hingehört. Ohren müssen die Augen ersetzen für eine Orientierung in der Stadt zum Beispiel. Wir Sehenden sehen das heranrasende Auto oftmals gefährlich spät  - der blinde Mensch kann es viel früher hören. Es gibt aber auch ganz andere Beispiele, die wir auf unseren Exkursionen durch Meldorf gemeinsam erleben wollen. Geräusche können wie Musik klingen - ja, die Stadt kann swingen und rocken. Sie klingt wie ein Orchester - kann aber auch ganz still sein. Wir müssen nur intensiv genug hinhören. Auch die StadtKlang-Teilnehmer in Meldorf können das ganz hervorragend. Wir nehmen die Klänge und Geräusche unserer Stadt auf, bearbeiten sie dann solange, bis Musik und Klangbilder daraus werden. Das sind kleine Kunstwerke - die Kunstwerke der Schüler*innen der Klasse 9a der Gemeinschaftsschule (GMS). Und diese Kunstwerke nennt man SoundScapes. Alles später nachhörbar, denn auch die SoundScapes aus Meldorf wird es auf CD geben.

 

Lasst uns Meldorf erforschen - die Stadt gehört uns!

 

Hinweis (1) zur Vertiefung : Betörende Sinnlichkeit

(Inspiriert vom Regisseur Thomas Riedelsheimer zu seinem Film "Touch Of The Sound")

 

... der Ausgangspunkt der Klangreise sind die Geräusche, Klänge und Rhythmen, die uns im täglichen Leben umgeben - das Klackern der Kofferrollen auf dem Kopfsteinpflaster, das Schwirren und Brummen von Klimaanlagen in den Kaufhäuern, das Echo der Nebelhörner der Schiffe und Züge, das Stimmengewirr in der Einkaufszone. Von dort führt der Weg tiefer, zur Entstehung und den Ursprüngen des Klangs, zur Erkundung des Rhythmus als Grundlage jeder Lebensform; vom Atem zum Herzschlag, von der Stille zur Musik, vom Hören zum Sehen und zum Fühlen, von der Schwingung zur festen Materie. Die Klangbilder, Rhythmen und akustischen Erinnerungen verweben sich mit möglichen musikalischen Begegnungen. Wahrnehmung und Linearität der Zeit scheinen aufgehoben ...

 

 

Hinweis (2) zur Vertiefung : SoundMarks

 

... die niedrigen Frequenzen der Umgebungsgeräusche werden an der Oberfläche der Wände verstärkt reflektiert und als Energiefeld spürbar. Eine breite Säule hingegen verdeckt hohe Frequenzen und wirft hinter sich einen deutlichen akustischen Schatten. In diesem Sinne ist es blinden Menschen möglich, durch konzentriertes Zuhören Räume zu „sehen“. Blindheit stimuliert die Sensibilisierung, akustische Schlüsselreize als Teil einer kognitiven Strategie zu nutzen, um die Außenwelt zu „verräumlichen“. Wenn der Sehsinn ausgeschaltet ist, sensibilisiert sich das Gehör. Dies trifft auch partiell auf untrainierte Hörer zu. Wenn ein Mensch sich mit geschlossenen Augen in Richtung auf eine Wand bewegt, gelingt es in den meisten Fällen, vor einer Kollision stehen zu bleiben, da aufgrund der verstärkten Reflektion von Frequenzen an der Oberfläche der Wand ein Energiefeld spürbar wird ... Klänge und die damit verbundenen Assoziationen sind einerseits einer steten Veränderung und Neubewertung durch das wahrnehmende Individuum unterworfen. Andererseits existieren im Unterschied dazu akustische Wahrzeichen, die einen spezifischen Raum einmalig gestalten und entscheidend für dessen Identität sind. Murray Schafer hat Anfang der 1970er Jahre in diesem Zusammenhang den Begriff Soundmarks eingeführt, der für charakteristische Klänge einer spezifischen Umgebung steht. Infolge der Desensibilisierung der akustischen Umwelt durch zunehmende Lärmbelastung werden diese akustischen Wahrzeichen oftmals unbewusst wahrgenommen oder durch Überlagerung von alltäglichem Lärm kompensiert. Die Schaffung, Bewahrung und Stärkung von akustischen Wahrzeichen einer Region ist infolge dieser Entwicklung von zentraler Bedeutung.

(aus Franca Engel, Urban Sounds – Kontexte und Chiffren von Klangarchitekturen, Oldenburg 2011)

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